Eine Zusammenfassung der Projektergebnisse und Eindrücke:
Die Cellosuiten von Bach treffen auf afghanische Liebeslieder, junge Geflüchtete auf Leipziger Senioren, das Gewandhaus trifft auf Soziokultur. Was auf den ersten Blick wenig gemein hat, findet im Rahmen des Projektes „Der weiße Fleck“ zueinander.
Das Kooperationsprojekt von sechs Leipziger soziokulturellen Zentren (ANKER, Frauenkultur, GeyserHaus, naTo, VILLA und WERK 2) und dem Leipziger Gewandhausorchester sollte konkrete Begegnungen zwischen Menschen schaffen, die sich auf den ersten Blick fremd scheinen: Menschen verschiedener Herkunft und Religion, aber auch verschiedenen Alters, Geschlechts, mit unterschiedlichen Biographien und Erfahrungen.
Von August bis Oktober 2016 kamen über 90 Menschen zusammen, um sich in sechs Workshops mit der eigenen Identität und dem vermeintlich Fremden in all seinen Facetten künstlerisch auseinanderzusetzen. Inspiration und künstlerische Klammer bildeten die Suiten für Violoncello von Johann Sebastian Bach, sie dienten gleichzeitig als „Soundtrack“ für das Projekt.
In einer achtwöchigen Workshopphase entstanden in den beteiligten Zentren Theater- und Tanzszenen sowie Kunstobjekte, die in einer Probenwoche Anfang Oktober mit ca. 60 Teilnehmern zu einer Gesamtperformance zusammengesetzt wurden. Das Ergebnis war in zwei öffentlichen Abschlusspräsentationen am 7. und 8. Oktober 2016 im Gewandhaus zu Leipzig und auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz zu sehen, die Cellosuiten spielte dabei der Gewandhauscellist Nicolas Defranoux.
Der künstlerische Leiter und Regisseur, Stefan Ebeling, schildert seine Eindrücke aus der Probenwoche so: „Die Begegnung mit dem Unbekannten ist nicht bequem. Im Gegenteil, es ist ein Stressmoment. Zu Beginn spürte ich eine große Unsicherheit bei den Teilnehmern. Es dauerte ein paar Tage bis sie aktiv aufeinander zugegangen und in einen regen Austausch getreten sind. Das alltägliche sportliche Morgenritual, das Hinarbeiten auf die Aufführungen und die gemeinsamen Mahlzeiten halfen dabei und stärkten von Tag zu Tag das Zutrauen und den Gruppenzusammenhalt.“
Gemeinsam meisterten die Teilnehmer so die beiden Vorstellungen und bewiesen dem Publikum, dass sie sprachliche und kulturelle Barrieren überwinden konnten. Ein besonders emotionaler Moment für alle Beteiligten war die Premierenfeier: „Die Heterogenität der Gruppe schien komplett aufgehoben. Alt und Jung, Teilnehmer und Zuschauer, Menschen verschiedener Herkunft tanzten ausgelassen zusammen. Es wirkte befreiend, ihnen zuzusehen“, so Dirk Tschentscher-Trinks, Mitglied des Projektteams.
Auch die Teilnehmer nahmen viele Eindrücke mit. So berichtet Kekoa (32): „Es war eine neue Erfahrung in vielerlei Hinsicht. Es fühlte sich fremd aber auch wunderbar an, wie so viele verschiedene Menschen so schnell vertraut miteinander wurden.“ Laura (16) nimmt aus dem Projekt „sehr viel Freude und Offenheit anderen Menschen gegenüber“ mit. Auch auf Kirsten (56) wirkt das Projekt nach: „Es war schön, Teil einer großen Gruppe zu sein. Ich habe eine Zeit lang in der Straßenbahn immer geschaut, ob ich die Leute kenne. Tatsächlich habe ich schon einige Male einen der jungen afghanischen Männer mit seiner Frau und zwei Kindern getroffen.“

Näheres unter https://www.facebook.com/DerWeisseFleck